Watson Lake bis Whitehorse (08.08 – 21.08.12)

Kurz vor Watson Lake überqueren wir die Grenze zum Yukon. Es fühlt sich an, als würden wir nach Hause kommen, nach Hause, weil uns alles vertraut ist, wir uns auskennen und wir uns hier wohl fühlen.

Wir erreichen Watson Lake unbeschadet und wir sind dankbar, dass das Getriebe bis hierhin gehalten hat. Wir fragen drei individuelle Personen nach einem guten Mechaniker in der Stadt und erhalten von allen die gleiche Antwort: „Einen GUTEN Mechaniker? Fahrt nach Whitehorse“. Wir folgern daraus, dass wir dies beherzigen sollten.

Trotzdem bleiben wir noch zwei Nächte in der 1’500 Seelen-Stadt, denn hier haben wir mit Werner ein Treffen vereinbart. Genügend Zeit um sämtliche Hausarbeiten zu erledigen, Bekannte zu besuchen und einmal mehr zu erleben wie klein die Welt doch ist: Das Ehepaar, welches neben uns parkt, ist seit Jahren mit Derrick und June befreundet, dem Paar, mit dem wir in Saskatchewan ein paar Tage am McKay Lake verbracht haben.

Pünktlich wie vereinbart trifft Werner ein. Ihn haben wir durch den Kauf unseres Campers kennen gelernt. Er ist pensionierter Banker, passionierter Fliegenfischer, liebt ebenfalls die Wildnis des Yukon und verbringt hier jährlich drei Sommermonate. Geplant ist eine gemeinsame Fahrt dem Campbell Highway entlang, die jetzt leider wegen unserem Getriebe-Defekt ins Wasser fällt.

Weil die Kommunikation im Yukon nicht so einfach ist wie wir es aus Europa kennen, konnten wir Werner nicht vorher über unsere Situation informieren und er ist die 450 Kilometer nach Watson Lake vergebens gefahren. Wir verschieben unseren Treffpunkt um zwei Tage an den Marsh Lake und wir danken Werner für sein Verständnis.

Wir machen uns also auf den Weg dem Alaksa Highway entlang Richtung Whitehorse. Wer hier eine Ortschaft verlässt ist schon nach ein paar Kilometern in der Wildnis. Weder Handy noch Autoradio funktionieren. Wie ein Teppich liegen die grünen Wälder über Tälern und Hügeln. Die glasklaren Seen glänzen wie Diamanten und die Bergketten erscheinen majestätisch. Robert Service, ein bekannter heimischer Poet, beschrieb den Yukon mit den Worten: „A land where the mountains are nameless“ (Ein Land wo die Berge namenlos sind).

Mir sollen ein paar Zahlen helfen um Euch einen Eindruck dieser endlosen Weiten zu vermitteln:

Mit rund 500’000 km2 ist das Yukon Territory 12 Mal grösser als die Schweiz und hat nur 35’000 Einwohner. Um die selben Verhältnisse in der Schweiz erleben zu können, dürften nur 3’000 Personen in unserem Land leben!

Für die 450 Kilometer in die Ford Garage nehmen wir uns wegen dem Getriebe Zeit und kontrollieren regelmässig den Flüssigkeitsstand und die Temperatur. Nach sechs Stunden Fahrt erreichen wir die Mount Michie Farm und bitten Eva und Beat einmal mehr, hier übernachten zu dürfen. So lernen wir Beat’s deutsche „Biker-Freunde“ kennen, die momentan auf Besuch sind und essen gemeinsam Fondue. Es schmeckt herrlich nach Heimat.

Die Wasserstände sind dieses Jahr auch im Yukon Territory hoch wie noch nie. Der viele Regen im Frühling und die Schneeschmelze haben die kleinsten Bergbäche zu reissenden Flüssen wachsen lassen, die mehrere Teile des Alaska Highway zerstört haben. Whitehorse war im Juni für fünf Tage von der Aussenwelt abgeschnitten. Hamsterkäufe lösten aus, dass die Lebensmittel aus den wartenden Lastwagen in Hercules Maschinen umgeladen und in die Stadt geflogen wurden. Die allgemeine Gefahr von Überflutungen hat sich auch jetzt noch nicht gelegt. Am Marsh Lake liegen noch immer 26’500 Sandsäcke um die Häuser zu schützen.

Unser Getriebe-Problem kann der Mechaniker in Whitehorse zum Glück gleich reparieren. Die undichte Stelle wird herausgeschnitten und mit einer neuen Klammer fixiert. Wir sind froh, war dies nur eine Kleinigkeit. Trotzdem hat er eine schlechte Nachricht für uns: Die Ölwanne sei undicht. Um dies in Stand zu setzen, müsste der ganze Motorblock ausgebaut werden, was einem Aufwand von einer Woche und rund 6’000 Dollar entspricht. Weil wir bis jetzt aber noch keine grösseren Ölflecke entdeckt haben, entscheiden wir uns, dies erst einmal nur im Auge zu behalten, denn für 6’000 Dollar könnten wir eine Menge Motorenöl nachschütten.

Wir verbringen insgesamt drei Nächte bei Eva und Beat und Werner gesellt sich auch dazu. Nachbarn treffen ein und schlussendlich sitzen wir zu zehnt bei Pizza und feiern Werners Geburtstag.

Der Sommer sei dieses Jahr im Yukon vor allem nass und kühl gewesen, wird uns erzählt. Der August meint es aber gut und schenkt uns seine sonnigsten Tage. Tagsüber wird es angenehm warm und die Temperatur steigt noch immer bis rund 20°C. Die Nächte sind aber schon kalt und auch kürzer geworden. Während im Juni 21 Stunden Tageslicht herrscht nimmt es nach dem längsten Tag täglich um sechs Minuten ab. Jetzt im August sind es rund 16.5 Stunden, im Dezember werden es nur noch 4.5 Stunden sein. In klaren Nächten funkeln die Sterne über uns, die Milchstrasse ist hier, wo kein künstliches Licht brennt, deutlich zu erkennen und die Sternschnuppen sollen unsere Wünsche erfüllen.

Die längeren und kalten Nächte bringen auch die Vorboten des Herbstes mit. Die Büsche verfärben sich vereinzelt, Pilze schiessen aus dem Boden und die Kanadagänse versammeln sich bereits um bald in den Süden zu fliegen.

Die verlorenen Tage am Campbell Highway holen wir mit Werner an der Aishihik Road nach. Er führt uns in die Geheimnisse der Fliegenfischerei ein. Nach der offiziellen Fliegenrutentaufe übt René fleissig an den Wurftechniken und mich faszinieren vor allem die vielen verschiedenen Kunstfliegen.

Fliegenfischen ist die natürlichste Fischerei und nicht mit der traditionellen Anglerei mit Wurm oder Blinker zu vergleichen. „Fliegenfischen ist die Kunst in Würde mit sich allein zu sein.“ Ein guter Fliegenfischer ist gleichzeitig auch ein Kenner der Insekten. Die Fliege wird nach dem Fressverhalten der Fische ausgewählt. Schnappen sie nach Insekten an der Wasseroberfläche, werden Trockenfliegen eingesetzt. Nassfliegen schwimmen zwischen Grund und der Wasseroberfläche und die Nymphen imitieren die Insektenlarven auf dem Grund.

Werner bindet seine Fliegen während der Winterzeit selber und er versucht mit verschiedenen Materialien, u.a. Tierhaare und Federn, die Insekten so naturgetreu wie möglich zu imitieren. Mit dem richtigen Standort im Fluss, der passenden Wurftechnik und der perfekten Fliege lassen sich unzählige Graylings (Äschen) und Rainbow Trouts (Regenbogenforellen) fangen. Übung macht den Meister – Dies beweist auch René. Nach mehrmaligem Verheddern, zig Fliegenverlusten und mehreren nassen Socken zieht auch er Prachtexemplare ans Ufer.

Nebst Fischgerichten, zaubert uns Werner als leidenschaftlicher Hobbykoch die leckersten Gerichte auf den Tisch. Nachdem wir in Werner’s „Pilzwald“ zu dritt innerhalb von 90 Minuten sieben Kilo Steinpilze gesammelt und gemeinsam akribisch geputzt haben, war das Steinpilz-Ragout wohl die von uns am gierigsten verschlungene Speise.

Das Wetter bleibt sonnig und wir ziehen dem Kluane National Park entlang weiter. Dieser Nationalpark ist von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt und unter Schutz gestellt. Die Kluane Bergkette ist faszinierend und mit dem Mount Logan (5’959m) besitzt sie den höchsten Gipfel Kanadas. Die Flora und Fauna ist hier einmalig und Begegnungen mit Grizzly’s nicht selten. Die riesigen Fährten die sie hinterlassen sind Respekt einflössend.

In Haines Junction gönnen wir uns einen kurzen „Internet-Stopp“ und erfahren, dass René’s Kreditkarte missbraucht wurde. Ein Betrüger hat seine Daten geraubt und via Internet aus Frankreich mit über 700 Euro belastet. Interessanterweise geschah dies zu dem Zeitpunkt, als die Karte wegen vermutetem Missbrauch gesperrt wurde. Damals hat niemand erwähnt, dass auch Buchungen aus Frankreich eingegangen sind. Momentan ist seine Karte wieder gesperrt und wir warten auf weitere Informationen.

Wir fahren weiter an den Thakini River. Die 15 Kilometer lange Sandstrasse gleicht Wellblech. Auch mit geringem Tempo lässt sie unser Fahrzeug rütteln. Unsere Wangen vibrieren, die Stimmen hören sich zittrig an und eine volle Blase ist hier nicht empfehlenswert. Der wunderschöne Platz entschädigt aber für alles. Noch einmal können die Männer ausgiebig Fliegenfischen, während ich die Zeit als „Schriftstellerin“ nutze.

Nach einer kameradschaftlichen, sonnigen und lehrreichen Woche danken wir Werner für die schönen Tage in der Wildnis und das zur Verfügung stellen seiner wunderschönen Bilder.

Gemeinsam kehren wir zurück nach Whitehorse wo das Abenteuer „Kanufahrt“ auf uns wartet.

 

 

 

 

 

 

6 Gedanken zu „Watson Lake bis Whitehorse (08.08 – 21.08.12)

  1. Hola, ihr zwei Abenteurer, habt ihr noch immer nicht genug???
    Wir hoffen, dass ihr noch im Herbst nach Roda kommt, und freuen uns auf die vielen Geschichten, die ihr zu erzählen habt.
    Weiterhin noch viel Glück und dass der Camper auch die restliche Reise schafft!!
    Hasta luego, R. u. H.

  2. Hallo liebe Nachbarn
    Es ist sehr spannend die Reiseberichte zu lesen und euch auf diese Weise auf der Reise begleiten zu dürfen.
    Wir wünschen euch noch weiterhin viel Glück und nicht zu viele Pannen mit dem Camper.
    Elsbeth und Peter

  3. Hallo Zäme
    Schon wieder mit grossem Interesse gelesen , die Erlebnisse müssen gewaltig sein, aber dazwischen etwas das an die Heimat errinert, braucht ihr doch mal. (Fondue)
    Monique du bist wirklich eine spannende Schriftstellerin, wir haben nun schon ein recht grosses Buch von Dir.
    Wir hoffen dich dass euer Camper durchhält bis ans Ende.
    Weiterhin viel Spass und lb. Grüsse Rosmarie und Martin
    Wie geht es eigentlich den kleinen knüsse , sind sie auch so wohl auf ?

  4. Hallo Réne und Moni

    mi PC geit wider und i ha ändlich mau chönne i die wunderbare biuder und reisebrichte ineluege! i hoffe das der no viu schöni orte chöit gseh und gniesse!

    merciiiiii….viu viu mau für die tolle iblick.

    es grüssli us pieterle

    bis gli, mario

  5. Hallo ihr Beiden!
    Wenn halt die Kiste schlapp macht, gehts halt mit dem Fahrrädle weiter!?! HiHiHi! Zu Hause ist alle OK, alle Kois gesund und der Filter funktiniert bestens.
    Wünschen euch weiterhin viel Spass und geniesst den Resten.
    Bis später

    Heini & Nong

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