Dawson Creek bis Prince George (11.07. – 21.07.12)

Nach der anstrengenden, zwölfstündigen Fahrt durch Alberta erreichen wir Dawson Creek kurz nach Sechs (dank Zeitverschiebung). Wir haben entschieden, wieder einmal eine Nacht auf einem RV Park zu verbringen, eine Dusche würde bei der Hitze nicht schaden und Wäsche waschen ist auch bitter nötig.

Die Hochsaison ist in Kanada voll im Gange und wir erwischen gerade noch den letzten der 100 Plätze. Die vor allem amerikanischen Touristen (Alter zwischen 75 und 90!) stehen bereits wie die „Hühner auf dem Stängelchen“. Den Hot-Dog oder Burger schon verschlungen, führen sie nun ihre Hündchen und Katzen auf dem Platz Gassi, bevor sie sich um Acht in ihre Wohnmobile zurück ziehen um fern zu sehen.

Für viele Amerikaner geht mit der Fahrt über den Alaska Highway ein Traum in Erfüllung. Diese Strasse hat hier in Dawson Creek ihre „Meile 0“, führt durch das Yukon Territory, bis sie nach 2’288 km in Alaska endet.

Wir stellen uns also auch in die Reihe und erledigen bis spät Nachts unsere Hausarbeit. Die Lichter in den Wohnmobilen sind längst gelöscht.

Wir stehen so nahe beieinander, dass mich Nachbars Wecker aus dem Schlaf holt. Es ist sinnigerweise wieder fünf Uhr morgens. Die Amerikaner scheinen an seniler Bettflucht zu leiden. Ab sechs Uhr herrscht emsiges Treiben auf dem Platz. Die Ladies Duschen und Stylen sich, die Männer schrubben Windschutzscheiben, polieren Scheinwerfer und kleistern akribisch den Alaska Sticker (Aufkleber) an die Heckscheibe ihres Campers. Wir drehen uns nochmal im Bett um, denn auch die nächste Fahrt wird unseren Camper staubig werden lassen und ein paar Fliegen mehr an den Kühlergrill kleben.

Wir sind froh wieder in British Columbia zu sein. Irgendwie fühlen wir uns hier wohler. Es gibt wieder regelmässig bärensichere Abfalleimer und Toiletten am Strassenrand und die Backroad Map ist überfüllt mit kleinen idyllischen Campingplätzen. Solche, wie wir sie mögen und an denen wir hoffen mehr Ruhe, Einsamkeit und wahre Wildnis zu finden, trotz Hochsaison.

Pünktlich wie die Touristen haben auch sie in den Sommermonaten Hochsaison: Die Moskitos. Sobald es wärmer wird, tanzen sie in Millionen an. Sie lieben die sumpfigen Seeufer, vermehren sich rege und stürzen sich auf unser Blut. Mit jedem Atemzug den wir tun, können die stechfreudigen Weibchen uns riechen und finden. Wir versuchen uns so gut wie möglich gegen die Vampire zu schützen. Mit Vitamin B, welches wir täglich einnehmen, riecht unsere Haut leicht schweflig und soll die Biester vom Stechen abhalten. Moskitospray hilft für ein paar Stunden aber der Inhalt DEET ist auf Dauer ungesund. Aushelfen können uns nur noch die „Moskito-Hüte“ und ein „Moskito-Zelt“ und wir verzichten freiwillig auf kurze Hosen und Trägertops und stecken unsere Füsse in dicke Socken und gutes Schuhwerk. Die Blutsauger finden immer wieder eine Ritze um in unseren Camper zu gelangen und verursachen so jede Nacht eine „Taschenlampen-Jagd“ bevor wir ruhig schlafen können. Und trotzdem juckt es überall.

Wir fahren gemütlich Richtung Südwesten, über Pässe, an Skigebieten vorbei und stellen fest, dass es in dieser Region viele Pulp mills (Zellstofffabriken) gibt. Mein Herz schmerzt dabei ein bisschen. In Chetwynd, eine kleine Gemeinde mitten im „Nirgendwo“ halten wir an und gönnen uns ein Soft Ice. Wir erfahren, dass dieser Ort noch jung ist und heuer 50-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Entstanden ist der Ort dank der Holzverarbeitung. Ich hoffe fest, dass diesen Leuten nicht das selbe Schicksal widerfahren wird, wie den Attishölzlern, ansonsten wird Chetwynd innert kürzester Zeit zu einer Geisterstadt werden.

Heute trödeln wir ein wenig und merken erst an den Bijou Falls, wie spät es schon ist. Wir fahren einmal mehr über einen abenteuerlichen Pfad zum nächst gelegenen Campingplatz und finden zufällig am Tudhay Lake einen der schönsten Plätze überhaupt. Hier gibt es alles was wir brauchen: Einen Tisch, eine Feuerstelle, Feuerholz und ein „Outhouse“ (Plumpsklo). Und das Beste: Wir sind allein mit der wunderschönen Natur! Hier bleiben wir für ein paar Tage und es wird endlich Zeit, ein bisschen über unseren Camper-Alltag zu berichten.

Unser Zuhause, ein Truck Camper (der Name kommt davon, weil das Auto (Truck) und der Camper eigenständig sind) haben wir letzten Sommer im Yukon gekauft. Hier können wir ihn auch wieder einstellen und überwintern lassen. Das Fahrzeug, ein Ford F-350, nimmt je nach Strassenverhältnissen 20-25 Liter Diesel je hundert Kilometer, ist mit Allrad ausgerüstet und hat uns bis jetzt sicher durch jeden Schlamm und über 9’500 Kilometer weit getragen.

Der Camper ist klein aber fein: Der Schlafraum ist geräumig und das kleine Badezimmer reicht längst zum Zähneputzen.

Den Essbereich benützen wir auch als Wohnzimmer und die Küche, ausgestattet mit einem grossen Kühlschrank, Tiefkühler, Kochfeld und Backofen ermöglicht es mir, auch Brot oder Muffins selber zu backen.

Trotz der ziemlich luxuriösen Ausrüstung werden hier Dinge, die zu Hause alltäglich sind, plötzlich nicht mehr zur Selbstverständlichkeit. Gerade weil wir meist länger in der Wildnis weilen (oder im Busch, wie die Kanadier zu sagen pflegen) müssen wir sparsam mit unseren Ressourcen umgehen. Der Trinkwassertank fasst rund 80 Liter. Wir versuchen dieses wertvolle Nass nur zum Kochen, Trinken und Zähneputzen zu gebrauchen. Für alles andere verwenden wir das Wasser aus den Seen oder Flüssen. Jetzt, in den heissen Sommertagen ist ein Bad im See sehr erfrischend. Im Frühling oder Herbst wird aber schon das Haare waschen mit dem eisigen Wasser zur Herausforderung. Um das Trinkwasser nicht für die Toilettenspülung zu vergeuden, benützen wir wenn immer möglich die Plumpsklos, auch wenn es manchmal Überwindung kostet……

Zwei Flaschen Propan müssen zum Kochen, Backen, Heizen und für den Kühlschrank und Tiefkühler ausreichen. Darum kochen wir mehrheitlich auf dem Feuer, auch das heisse Wasser zum Abwaschen. Vorher muss das Holz allerdings erst gesägt und gespalten werden.

Kulinarisch fehlt es uns an nichts. Zum Frühstück gibt es Speck und Rührei, Müesli oder Brot.

Abends für René frischen Fisch und für mich Gemüse oder Pasta und ab und zu ein Würstli. Dazu einen knackigen Salat. (@Sandra und Andi: Herzlichen Dank für die tolle Idee, uns Salatkräuter mit auf den Weg zu geben. Ein wahrlich kulinarischer Leckerbissen.)

In den letzten Wochen haben wir ein Schnell-Gericht (Marke Eigenkreation) als unser Lieblingsgericht erkoren. Wer will, kocht es nach (Angaben für 2 Personen):

1 Bund grüne Spargeln (ca. 500g) putzen und in ca. 2 cm lange Stücke schneiden

1 1/2 Tassen Hörnli

2 Tassen Bouillon

Alles zusammen solange köcheln lassen, bis das Wasser eingekocht ist, nach Geschmack würzen und mit Sauerrahm abschmecken.

Die freie Zeit geniessen wir mit dem Kanu beim Angeln, mit kleineren Wanderungen an Wasserfälle und vor allem mit lesen, spielen oder rätseln. (@Bianca: Herzlichen Dank für den dicken Rätselband, ich habe schon Stunden damit geknobelt.)

Zurück zu unserem einsamen Platz am Tudhay Lake. Wir bekommen spät Abends Besuch. Ein Trapper (Fallensteller im Winter) will sein Motorboot zur Cabin (primitives Blockhaus) auf seiner „Trappline“ (Areal wo er seine Fallen stellt) bringen. Bei uns gibt es eine geeignete Rampe um das Boot zu wässern. Wir wechseln ein paar Worte und er lädt uns ein, ihn am nächsten Tag zu besuchen. Mit dem Kanu sei es nur um die Ecke.

Gesagt, getan. Am nächsten Morgen steigen wir in unser Kanu und paddeln auf dem spiegelglatten See los.

Schon von weitem hören wir ihn sägen und hämmern. Trapper nützen den Sommer um die Cabin winterdicht halten zu können. Stolz zeigt er uns sein Reich und mit einem „nice meeting you“ (schön Euch kennen gelernt zu haben) verabschieden wir uns nach einer Stunde.

Die Hitze hängt bleiern über dem Land und langsam ziehen schwere, graue Wolken auf. Ein heftiges Gewitter prasselt auf uns und unser neues Moskitozelt nieder. Blitze und Donner wechseln sich ab, ein heftiger Knall lässt mich zusammenfahren. Wenn bloss kein Blitz bei uns einschlägt. Kurz vor Mitternacht lässt der Regen nach, es wird ruhig und wir legen uns schlafen. Wir hoffen auf einen sonnigen Morgen, der unser Zelt wieder trocknen lässt.

Kaum im Bett wird die Ruhe durch Scheinwerfer und Hupen gestört. Wie ein wild Gewordener fährt einer auf den Platz. „Fire, fire!“ (Feuer, Feuer) schreit er. Vor uns steht der Trapper: „Schnell, packt Eure Sachen zusammen und weg mit Euch, an der Strasse hat ein Blitz eingeschlagen und der Wald steht in Flammen. Beeilt Euch und schaut, dass ihr noch durch kommt.“

Wir schlüpfen hastig in die Kleider. Es ist stockdunkel, die hohen Bäume wirken plötzlich bedrohlich, die Stille beängstigend. So schnell wir können, bauen wir das Zelt im Schein unserer Stirnlampen ab und verstauen das nasse Zeugs in Plastiksäcken. Das Kanu muss auf das gefährlich glitschig nasse Dach und festgezurrt werden und dann mit Vollgas los. Der steile, abenteuerliche Pfad ist zum Glück mit genügend Kies bedeckt und durch den vielen Regen nicht zu schlammig geworden. Wir schaffen es dank Allrad hoch auf die Strasse und sehen bereits den Feuerschein den Himmel rot färben.

René gibt Gas, wir müssen es schaffen am Brandherd vorbei zu kommen, ansonsten sind wir im Feuer eingeschlossen und haben nur noch einen Ausweg: Mit dem Kanu auf den See und unser Hab und Gut dem Feuer überlassen.

Wir können es riechen, Rauch verdichtet unsere Sicht und schon sind die Flammen vor uns.

Zum Glück ist es windstill und das Feuer ist noch nicht auf die andere Strassenseite gesprungen. Wir schaffen es am Brandherd vorbei und fahren in Sicherheit.

Auf einem Parkplatz an einer Tankstelle verbringen wir die Nacht. Wir können nicht schlafen, haben zu viel Adrenalin im Blut. Aber vor allem sind wir eines: Unendlich dankbar, dass wir den Trapper kennen gelernt haben und er uns gewarnt hat. Zum Abschied hat er uns zugerufen: „Ihr wisst ja jetzt wo ich zu Hause bin, kommt nächstes Jahr wieder“. Seinen Namen, haben wir leider nicht erfahren.

Waldbrände sind im Sommer ein grosses Thema in Kanada. Die heissen Sommertage und der Wind trocknet die Erde und den Wald aus. An den Strassenrändern stehen Schilder auf denen die Waldbrandgefahr eingestuft wird. Meist steht der Zeiger auf „high“ (hoch). Viele Brände werden durch Blitzschläge verursacht, aber auch unbeaufsichtigte Lagerfeuer sind leider öfters die Ursache. Wir sind schon kilometerweit an verbranntem Wald entlang gefahren. Ein trostloser und trauriger Anblick. Leute verlieren ihr Zuhause, die Cabins im Busch können nicht gegen Feuer versichert werden. Tiere rennen panisch umher und verlieren ihr Leben in den Flammen. Ausser Russ und verkohlten Baumstämme bleibt nichts übrig, alles zerstört.

Doch die Natur wird sich erholen, sie braucht Brände, damit sich ein veralteter Wald erneuern kann. Die jungen Pflanzen erhalten endlich Licht und können gedeihen. Fireweeds (Feuerkraut) färben den Boden zart lila. Diese Blume hat ihren Namen erhalten, weil sie nach einem Waldbrand als erstes wieder blüht. Für Pilzliebhaber ist dieser Waldboden im nächsten Frühling ein Paradies: Körbe können mit frischen Morcheln gefüllt werden. In rund 50 Jahren ist der Wald wieder in voller Dichte da. Die Natur – ein Wunder.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7 Gedanken zu „Dawson Creek bis Prince George (11.07. – 21.07.12)

  1. Wau…..ihr zwei Abenteurer !! Zuerst der Bär, dann das Feuer….(von den Moskitos sprechen wir erst gar nicht..) eure Berichte werden immer noch spannender !! Danke auch für die Info über den Camper-Alltag, ihr habt wirklich ein gemütliches Heim ! Uns gehts allen auch gut, wir haben gerade ein paar Tage Sommer mit Temperaturen um 30 Grad ! Die müssen genützt werden, denn die dauern dieses Jahr nie lange, ich bin ja froh, aber die Schulkinder plangen und wollen in die Badi…also ihr Lieben, seid weiterhin vorsichtig und viel Spass auf eurer Reise ! Liebe Grüsse aus Aegerten, Susanne, Reto, Julia und Viecher

  2. Hallo dir zweu wältebummler
    ha ändliche wieder einisch zyt äs MERCI z schicke für die tolle brichte und die super schöne foti. mags euch vo härze gönne das ihrs so schön heit.
    chei nume stune was me so alles cha erläbe uf sonere “ reis “ !
    ouso gsund gsehter us und so wies usgseht heit dir ou immer gnue zässe, somit müesse mir üs keini sorge um euch mache.
    witerhin viel spass und no viel ufregends ! erika und bani

  3. Ja genau , das isch ou üsi Angscht gsi wo mir ghört hei das es Waldbränd het, hei mir schwär ghofft , nur ned bi euch u jetz heit Dir müesse flüchte, Gott sei Dank isch nüt passiert.
    Mir wünsche no e gueti Zyt u hoffentlich net no meh vo denen Schrecksekunde lb. Gruess Martin u Rosi

  4. René….mir hei di ou nid vergässe geschter. mir hoffe du heigsch chli könne fiire us gniesse. mir gratuliere dir nachträglech aues gueti u wünsche dir nume z’beschte. blib gsung u bis gli wider!!!
    es liebs grüessli corinne + jürg :-)))

  5. Im Zeichen des Löwen
    Herzliche Gratulation zu deinem Geburtstag und alles Gute, René. Darauf stossen wir auf dem Weg zur North Canol Road noch an.
    Herzliche Grüsse auch an Monique
    Werner

  6. Hallo üse Jahrgang isch doch dr Besti, mir hei gläse das dr René het chönne Geburtstag fiere, mir wünsche aues Gueti und vor allem besti Gesundheit für die kommende Jahr, zerscht natürlich für die witeri Reis . Vieli Grüess vo diene Jahrgänger us Attiswiu

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