Flin Flon bis Dawson Creek (02.07. – 11.07.12)

Flin Flon, ein kleines, hübsches Städtchen kurz vor der Grenze nach Saskatchewan. Es erinnert mit seinen Felsen und steilen Strassen ein bisschen an San Francisco im „Swissminiature-Format“. Heute ist es ausgestorben und wir lernen, dass nach dem Canada Day fast alles geschlossen bleibt. Wir können trotzdem unsere Tanks (Diesel, Wasser, Propan) füllen und die nötigsten Einkäufe tätigen.

Gespannt was Saskatchewan für uns bereit hält, überqueren wir die Grenze, mit der Absicht, immer am Rand der Wildnis gegen Westen zu fahren. Die Qualität der Strasse wird stetig schlechter, bis sie zur Gravel-Road (Schotterstrasse) wird. Saskatchewan empfängt uns mit Windböen, die unseren Camper schaukeln lassen und uns an unsere Seefahrt zurück erinnern lässt. Die Bäume ächzen und knarren, die Seen tragen weisse Schaumkronen, Wasserfontänen spritzen hoch, sobald eine Welle an die Felsen prallt. Wir hoffen, dass unser Fahrzeug dem Sturm Stand hält und auch das Kanu genug festgezurrt ist. Wir schlafen mit mulmigem Gefühl ein. Am nächsten Tag zeigt uns der Campingplatz das Bild der Zerstörung: Umgeknickte und entwurzelte Bäume. Der Platz muss vorerst geschlossen bleiben. Einmal mehr sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen. Was, wenn ein Baum unser Fahrzeug getroffen hätte?

Der Wind bläst weiterhin stark, bringt damit aber auch ein bisschen Abkühlung. Solche Winde seien nicht normal für diese Region, seit gut zwei Jahren gebe es hier auch Tornados und alles habe sich verändert. „Clime change“ (Das Klima ändert sich) hören wir die Kanadier immer wieder sagen.

Die Fahrt über die holprigen Strassen Saskatchewans lässt uns diese Region offen und sympathisch erscheinen. Wir überqueren beeindruckende Holzbrücken. Der Wald, geprägt von Fichten und Eschen lichtet sich immer wieder grosszügig und lässt unseren Blick über Seen schweifen, die in der Sonne glänzen. Tausende von Seen gibt es hier, viele sind nach den Namen von im 2. Weltkrieg gefallenen Soldaten benannt. Die Rastplätze sind gut sichtbar signalisiert und wir finden wunderschöne Angelplätze. Leider ist auch hier eines gleich wie in ganz Kanada: Die Abfälle werden liegen gelassen oder aus dem Wagenfenster geworfen, trotz Gesetz, welches mit hohen Bussen droht. Schade für die traumhaft schöne Natur.

In der Region um das Städtchen „La Ronge“ finden wir einen wunderschönen Campingplatz am McKay Lake. Wir entscheiden ein paar Tage zu rasten, bevor wir weiter nach Westen ziehen. Kaum haben wir unseren Camper geparkt, erscheint unser Nachbar Derrik um uns zu warnen. Es sei ein Schwarzbär auf dem Platz gesichtet worden und wir sollen vorsichtig sein. Gut zu wissen, denn ab sofort, trage auch ich meinen Bärspray (eine Art Pfefferspray) besser immer bei mir.

Wir erkunden den Platz und erkennen, als „Yukon-Erprobte-Wilderness-Spezialisten“ sehr schnell das Problem. Bei der Bootanlegestelle gibt es einen Filetier-Tisch, unter dem ein Kübel mit den Fischresten steht. Daneben eine offene Mülltonne.

Kein Wunder dass die Gerüche auch diese Nacht die feine Nase des hungrigen Bären erreichen. Die Fischreste sind gefressen und der Müll nach Fressbarem durchwühlt und im Wald verstreut.

Zusammen mit Derrik und June packen wir den Müll zusammen und entsorgen ihn in bärensicheren Mülltonnen, die es angeblich erst seit einem Jahr auf dem Platz gibt. Komisch, die letzten zehn Jahre im Yukon haben wir nie etwas anderes gesehen.

Die Beiden nehmen uns mit zum Erdbeeren pflücken, sie kennen ein paar gute Stellen und wollen uns diese zeigen. Tatsächlich finden wir eine beachtliche Menge dieser süssen, wildwachsenden Beeren und sie schmecken köstlich.

Derrik nimmt René zweimal täglich raus auf den See um zu angeln. Die Fischer bringen reiche Beute nach Hause, die auch gleich gemeinsam verspeist wird. Sogar ich koste ein Stück: Naja, Fisch ist Fisch und noch immer nicht mein Ding……

Am nächsten Morgen werde ich um fünf Uhr jäh aus dem Schlaf gerissen. Es scheppert wie in Solothurn an der „Chesslete“. Der Bär hat Nachbars Sack mit den leeren Bierdosen gefunden, diesen mit viel klappern durch den Wald geschleift und vergeblich nach Fressbarem darin gesucht, er schnüffelt noch seine Runde über unseren Platz bevor er sich in den Wald zurück zieht.

Langsam wird es gefährlich, scheint, dass der Bär mehrmals täglich seine Runde über den Platz macht und auf kurz oder lang wird es eine Begegnung mit ihm geben bei der nicht vorauszusehen ist, wie sie ausgeht. Wir melden den Vorfall und die „Conservation Officer“ stellen eine Bärenfalle.

Heute zeigen uns Derrik und June die Otter Rapids (Stromschnellen) und im kleinen Städtchen Missinipe halten wir am „General Store“, kaufen Eiscreme und unterhalten uns mit den Einheimischen. Wir erfahren, dass in der Stadt drei Schwarzbären gesichtet wurden und dass es in der Nähe eine Abfalldeponie gibt, in der acht Schwarzbären nach Fressbarem suchen.

Während die Männer wieder auf Angeltour sind und June etwas in ihrem Camper erledigt, setze ich mich gemütlich mit einem Buch in den Schatten. Es ist schon seit Tagen heisser geworden, nie hätten wir gedacht, dass es in Kanada im Sommer so warm werden kann (über 30°C), als ich ein Geräusch hinter mir höre. Ich drehe mich um und da steht er rund acht Meter von mir entfernt in seiner vollen Grösse, die neugierigen Augen auf mich gerichtet, die Nase schnuppernd in der Luft, das schwarze Fell in der Sonne glänzend: Der Bär. Er beobachtet mich genau, ich stehe langsam auf, greife nach meinem Bärspray und beginne – interessanterweise in Englisch – mit ihm zu sprechen. Er strahlt eine enorme Ruhe aus und ich fürchte mich keinen Moment, auch nicht, als er seine gewohnte Runde über unseren Platz einschlägt. Ich spreche weiter mit ihm und er nähert sich mir bis auf drei Meter, er sieht mich nochmal an und dann zottelt er davon und verschwindet im Wald. Ich werde diese Begegnung nie vergessen und seither verstehe ich die Faszination, die Bärenforscher diesen Tieren entgegen bringen.

In der folgenden Nacht geht der Bär in die Falle. Der Conservation Officer verspricht mir, dass sie meinen „Freund“ in den Süden bringen, weit weg von der Bevölkerung, und ihn da wieder freilassen. Später erfahren wir, dass Bären, die zur selben Stelle zurück kehren, erschossen werden. Ich hoffe ganz fest, dass „meinem“ Bär dieses Schicksal nicht vorbestimmt ist.

Nach vier Tagen verabschieden wir uns von unseren neuen Freunden Derrik und June und wir versprechen: „We keep in touch“ (Wir bleiben in Verbindung).

Es steht uns eine lange Fahrt bevor, wir wollen halb Saskatchewan durchqueren und den Meadow Lake Provincial Park erkunden. 400 Kilometer Schotterstrasse. Es ist unerträglich heiss. Die Sonne brennt auf uns nieder, der Boden flimmert, die Grillen zirpen im trockenen Gras. Der Wald hat sich verändert, Birken prägen nun das Bild. Der Level der Waldbrandgefahr wird auf hoch eingestuft. Die staubtrockene Sandstrasse gleicht einer Wüstenpiste, kommt uns ein Fahrzeug entgegen umhüllt uns der hochgewirbelte Staub wie in einem Sandsturm. Der Staub lichtet sich langsam und wie eine Fatamorgana steht plötzlich eine Joggerin vor uns. Weit und breit nichts, nur eine Landstrasse die zwei rund 95 Kilometer entfernte Siedlungen verbindet. Wir trauen unseren Augen kaum und schon verschwindet sie wieder im von uns aufgewirbelten Staub.

Wir fühlen den Sand auf unseren Lippen, die Zunge ist trocken und wir sind durstig, so auch unser Truck. Bei diesen Strassenverhältnissen und ständig laufender Air Condition verbrauchen wir gut 24 Liter auf 100 Kilometer. Auf diesen Nebenstrasse findet sich aber keine Tankstelle, wir hoffen auf jede neue Ortschaft – Nichts. Endlich das erlösende Schild, Tankstelle im Ort. Wir nehmen den Umweg von 6 Kilometern in Kauf: Tankstelle ja, Diesel nein. Die nächste Diesel-Tankstelle sei in Dorintosh, rund 120 Kilometer entfernt. Wir schalten die Air Condition aus, fahren langsamer und schaffen die 120 Kilometer. Die mehr als hundert Dollar für den Tank voll Diesel bezahlen wir mit Freude und ein kühles Bier löscht unseren Durst und beruhigt die Nerven. Sogar dem Staub im Innern des Campers stehe ich ausnahmsweise gelassen gegenüber.

Der Meadow Lake Park ist landschaftlich wunderschön, nur sind die meisten Campingplätze, nach unserem Geschmack, zu sehr „Kommerz“. Über 100 Stellplätze, Spielplätze, Bootsvermietungen, Restaurants, das, was die Leute aus Saskatchewan zu suchen scheinen. Am Hirtz Lake finden wir trotzdem noch ein bisschen Ruhe, Natur und Einsamkeit.

Wir nehmen den Rest unserer Fahrt in den Westen genauer unter die Lupe und es stellt sich heraus, dass uns in Albertas Norden Ähnliches erwarten wird. Wir haben genug von lauten Parties bis spät in die Nacht und schreienden Kindern früh morgens. So entscheiden wir uns, nochmals eine längere Fahrt auf uns zu nehmen. Über 800 Kilometer quer durch Alberta bis nach Dawson Creek in British Columbia.

Wir verlassen die staubigen Strassen und haben wieder „paved roads“ (geteerte Strassen) unter den Rädern, was für eine Wohltat. Wir folgen der nördlichsten Strasse die nach Westen führt und wir sind erstaunt wie unterschiedlich die Landschaft ist. Abwechselnd fahren wir durch Wildnis mit gesunden Wäldern, durch Regionen, die vom Waldbrand gezeichnet sind, durch Sumpfgebiete, durch Ackerland welches uns im knalligen Gelb des Raps entgegen strahlt.

Die Strassen bleiben kilometerweit schnurgerade. Hin und wieder durchqueren wir idyllische Städtchen, die alles bieten was gebraucht wird, vor allem aber Treibstoff. Alberta ist eine der reichsten Provinzen Kanadas, angeblich soll es hier mehr Erdöl geben als in Saudi Arabien. Dies erklärt auch, warum die Mehrwertsteuer hier am tiefsten ist. Alberta ist die Einkaufsmeile überhaupt. Sogar viele Yukoner nehmen den mehrere Tage dauernden Weg in Kauf um günstig zu Baumaterial oder Ähnlichem zu kommen.

Auch der Verkehr verändert sich. Diese Strasse scheint für viele Grosstransporte benutzt zu werden. Immer wieder kreuzen wir Lastwagen mit „oversize load“ (übergrosse Ladung), die ganze Häuser oder riesige Anlagenteile transportieren. Miet-Camper und Wohnmobile wechseln sich ab mit Motorrad-Reisenden, der Verkehr wird eindeutig touristischer. Kanada hat jetzt Hochsaison und auch die Schulen bleiben für zwei Monate geschlossen.

2 Gedanken zu „Flin Flon bis Dawson Creek (02.07. – 11.07.12)

  1. hallo zäme
    auso…i mues scho säge….es si auso mega cooli brichte. fröiemi jedes mou druf u warte scho gspannt ufs nöchschte. s’buschtelefon het ou scho funktioniert u i ha ghört dir siiget aagmäudet fürnes pfeffer-steak – i gloub am samschti? würd mi ou grad gluschte dörte d’si. häbets guet u bis gli!!
    es liebs grüessli
    corinne

  2. Hallo Zäme
    Dir gloubets ne i cha wieder Antwort gäh.
    ja super all die Brichte und freue üs das es Euch guet geit-
    Mir hei ou grad e chli Ferie gha , stellt Euch vor 1 Mt. ohni Borregaard, isch super gsi, u jetz wieder voll dra
    lb Grüess vo de Attiswiler

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