Sioux Falls bis Flin Flon (24.06. – 2.07.12)

In Sioux Falls trennen sich unsere Wege. Mathias und Marco fahren nach Osten und unsere Reise führt nach Norden. Es scheint, dass die Strassenbauer bei der Planung einen Massstab nahmen, diesen auf die Landkarte legten, einen Strich nach Norden zogen und bestimmten, dass die Strasse genau so gebaut wird. Zum Glück können wir ab und zu auf einen Rastplatz abbiegen sonst wäre unser Lenkrad wohl den ganzen Weg in der selben Position stehen geblieben. Das Land ist nach wie vor flach und unser Auge verliert die Strasse weit, weit hinten am Horizont. Dieser Highway scheint ziemlich gut befahren zu sein, denn wir sehen die wilden Tiere leider nur noch überfahren am Strassenrand liegen.

Wir sind froh, die drückende Hitze verlassen zu können und hoffen auf angenehmere Temperaturen im Norden. Die Gegend scheint hier sehr fruchtbar zu sein und je weiter wir Sioux Falls zurück lassen umso vielseitiger wird der Ackeranbau. Hier gibt es nebst verschiedener Getreidearten auch Mais, Kartoffeln und sogar Raps. Der Anblick der Äcker mit ihren Hecken und Baumgruppen entführt meine Gedanken zu meinen Wurzeln: Dem Seeland. Ich habe oft das Gefühl, bald in Ins zu sein. Überqueren wir eine Bahnlinie erwarte ich jeden Moment den „Moosrugger“ (Biel-Täuffelen-Ins-Bahn) und ein Hügel erinnert mich an den Mt. Vully. Lust auf ein Stück „Nidlechueche“ kommt auf. In dem Moment fragen wir uns ob wir während der letzten zwei Monate eigentlich etwas von zu Hause vermissten? Ich das Badezimmer, René die Resultate der Fussball EM, aber sonst eigentlich nichts.

Wir fahren rund 10 Stunden, respektive 750 Kilometer durch das „Seeland“, überqueren die Grenze nach Kanada und erreichen Winnipeg. Viel kühler ist es hier nicht und bei einem Laundry-Talk erfahre ich, dass die nächsten Tage sommerlich heiss werden sollen.

Wir umfahren Winnipeg grossräumig und halten uns weiterhin Richtung Norden. Noch ist der Ackerbau führend und wir können ein Flugzeug beobachten, welches die Felder mit Pestiziden bespritzt. Nach und nach gewinnt aber die Wildnis Oberhand. Wälder und Seen bestimmen wieder das Bild und der Highway wird leerer und leerer. Unsere Strassenkarte führt uns über eine lausige Schotterstrasse zu einem verlassenen Campingplatz. Unterwegs bemerken wir, dass diese Strasse nach einem Regenguss wohl nicht mehr zu fahren ist.

Riesige Fliegen tauchen aus dem Nichts auf. Es hört sich an, als würden wir in einem Bienenhaus sitzen. Die Dinger sind riesig, lästig und finden den Weg immer wieder ins Innere. Später erfahre ich, dass die Kanadier die Biester „Bulldogs“ nennen, sie sind gross und beissen auch. Mit dem Sonnenuntergang wird es ruhiger und wir sind die Fliegen endlich los. Doch die Stille ist nur von kurzer Dauer. Ein neues aber zarteres Summen ertönt und wenn wir in den, vom Abendrot gefärbten Himmel blicken, ist er schwarz gepunktet: Moskitos! Zu zig Tausenden tanzen sie um unseren Camper, finden Ritzen und saugen unser Blut. Völlig zerstochen jagen wir die Vampire rund eine halbe Stunde im Camper, bevor wir uns einigermassen ruhig schlafen legen können. Doch auch diese Ruhe wird jäh gestört: Donnergroll! Am Himmel hangen schwere dunkle Wolken, die sich in Kürze entleeren werden. Es ist fünf Uhr, raus aus den Federn, rein in die Klamotten und so schnell wie möglich weg hier, denn die ersten schweren Tropfen fallen bereits auf uns nieder. Bevor der Regenschauer die 8 Kilometer Schotterstrasse völlig aufweicht und uns im Schlamm stecken lässt, schaffen wir den Weg auf festen Boden. Wir parkieren und gönnen uns noch ein bisschen Schlaf.

Manitoba hält weiterhin schwül heisses Wetter für uns bereit, welches ein tägliches Gewitter mit sich bringt.

Erst fahren wir Richtung Thompson, eine Minen-Stadt mit Nickelabbau. Unterwegs treffen wir auf einige Nebenstrassen, die zu einem See führen würden. Leider wurden die Zufahrten mit Kies zugeschüttet. Selten gibt es Rastplätze und wenn, dann nur mit einem Schild „Campieren verboten“ gekennzeichnet. Wir haben das Gefühl, dass Manitoba ein sehr verschlossener Staat ist, der seine „Schäfchen“ kontrollieren will und nicht an Touristen interessiert ist. Nur eine handvoll Provincial Parks wird angepriesen, diese dafür als eine besondere Gesundheitsvorsorge. Wer sich viel in der freien Natur bewegt, lebt gesünder, tut was fürs Herz und für den Kreislauf. Nötig hätten sie es, denn wir erleben, wie ein Schulbus am Mittag die Kinder zu einem Imbiss-Restaurant bringt und sich die Kids mit Burger und Pommes vollstopfen.

Ebenso verschlossen empfinden wir die Bevölkerung. Es ist schwierig mit ihnen ins Gespräch zu kommen, oft ist ein Gruss schon zu viel. Geben wir bei der Registrierung unser Yukon-Kennzeichen an, folgt meist ein langgezogenes „Oooh“. Wir deuten dies als: „Um Himmelswillen, wo liegt denn das?“

Wir bleiben nicht lange in dieser Region und machen uns enttäuscht auf den Weg Richtung Westen. Wir befürchten, dass Manitoba ausser bunten Blumen am Strassenrand und den wunderschönen Pisew Falls für Reisende nichts zu bieten hat.

Am Iskwasum Lake dürfen wir unsere Meinung zum Glück aufbessern. Carol heisst uns herzlich Willkommen. Sofort spricht sich herum, dass Schweizer da sind und jeder will schnell ein paar Worte mit uns wechseln. Weil der Platz auch landschaftlich wunderschön ist, entscheiden wir uns, gleich drei Tage hier zu bleiben und den 1. Juli, den Canada Day, mit diesen Leuten zu feiern.

Wir erkunden die Gegend und auf einer Wanderung durch den Wald mit unglaublich weichem Moos entdecken wir die „Karst Spring“, eine Quelle die mitten im Wald ihren Ursprung hat.

Mit dem Kanu finden wir ein paar lauschige Anglerplätze und René kann seiner Leidenschaft endlich richtig nachgehen. (@Heini: Na, zufrieden mit dem Fang?)

Den Canada Day feiern die Leute hier mit einem „Potlak“-Essen. Jeder bringt etwas mit und so entsteht ein reichhaltiges Buffet. Im Anschluss wird gespielt. Wir haben die Kanadier gewinnen lassen, schliesslich ist ja Canada Day. 🙂

Wir werden schnell in die „Familie“ der Camper aufgenommen. Zum Abschied werden wir mit Süssigkeiten und Fisch (Walleye soll der beste Fisch in Kanada sein und auch ich sollte den mögen) beschenkt. Mit einer warmen Umarmung, guten Wünschen und vielen winkenden Händen verabschieden wir uns und machen uns auf den Weg nach Flin Flon an der Grenze zu Saskatchewan.

 

Ein Gedanke zu „Sioux Falls bis Flin Flon (24.06. – 2.07.12)

  1. Hallo, ihr Lieben…
    was ihr da alles erlebt…Wow!! Monique, du bist eine Super-Schreiberin, wann kommt dein erstes Buch heraus??
    Wir wünschen euch weiterhin viele tolle Erlebnisse auf eurer Reise, und wir freuen uns schon, bis ihr wieder einmal nach Spanien kommt! Passt auf euch auf, Hasta luego….R. u. H.

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