Von Babb bis Sioux Falls (20.6. – 24.6.12)

„Where California meet Yukon“ (Wo California den Yukon trifft). Für unser Treffen in Babb sind die zwei Fahrzeuge insgesamt 7’000 Kilometer durch Nordamerika gefahren, d.h. je rund 3’500 Kilometer. Es ist schön, wieder einmal bekannte Gesichter von zu Hause zu sehen und wir haben uns viel zu erzählen. Bald machen wir uns aber auf den Weg, denn wir haben einige gemeinsame Kilometer vor uns.

Nun hat uns also das Meilen, Gallonen und Fahrenheit Land. Für uns sind diese Masseinheiten ungewohnt, und wir sind froh, dass unser Navigationsgerät die Umrechnung für die Tempolimiten für uns übernimmt.

Montanas Landschaft gleicht Kanada anfangs noch sehr, aber schon bald verflacht sich das Land, die Bäume verschwinden und machen den Getreidefeldern Platz. Die Farm wird nun Ranch genannt. Die Grundstücke sind riesig und der Maschinenpark vor dem Haus ist grösser als eine Landmaschinen Ausstellung in der Schweiz. Das zäunen um das Anwesen ist eine Lebensaufgabe. Die unendlichen Weiten faszinieren uns, man glaubt bis ans Ende der Welt sehen zu können und wir denken, dass man hier bereits am Freitag sieht, wer am Sonntag auf Besuch kommen wird. Nur das Pinkeln wird hier zur Herausforderung, es gibt nur selten einen Rastplatz und Bäume oder Büsche gibt es keine mehr.

Den Regen haben wir an der Grenze zurück gelassen und die Sonne brennt nun auf uns nieder. Wir haben die Prärie erreicht. Es ist öde, trocken, staubig. Das Bärenland haben wir hinter uns gelassen und sind jetzt im Schlangengebiet angekommen. Ob der Bärspray hier auch hilft? Beinahe erschlägt uns die Hitze beim Aussteigen. Innert einem Tag haben wir Unterschiede von rund 20°C. Wir empfinden es als unerträglich heiss.

Wir nähern uns mit jedem Meter dem Indianerland und legen den Stetson zur Seite um die Feder ins Haar zu stecken. Auf der stundenlangen Fahrt durch die Öde versuchen wir uns 200 Jahre zurück zu versetzen, in die Zeit, als das Land noch den Indianern gehörte, die Tipis die Landschaft zierten und das Volk von der Bison Jagt lebte. Wir wünschen uns auf einem der Hügel die Silhouette von Sitting Bull erahnen zu können, aber zumindest den Geist der Indianer können wir fühlen.

Wir denken aber auch an die Pioniere, die mit Planwagen durch diese Gegend reisten um sich ein Stück Land abzustecken. Oder die Eisenbahnbauer, die Schwelle um Schwelle legten und das Ende nicht zu sehen war. Heute fahren hier Züge mit bis zu 100 Wagen durch.

Beim Little Bighorn Battlefield machen wir einen Halt. Das Nationalmonument auf dem Schlachtfeld erinnert an eine der letzen Anstrengungen der Indianer, ihr Land und ihre Lebensweise aufrecht erhalten zu können. Die Konflikte zwischen Indianern und Weissen dauerten bereits ein Jahrhundert und begannen mit der Einwanderung der ersten Europäer. Der Kontakt zwischen den beiden Volksstämmen fand manchmal um ein Lagerfeuer, auf neutralem Boden, aber meistens auf einem Schlachtfeld statt.

Am 25. Juni 1876 trafen am Little Bighorn rund 650 US-Soldaten auf 7’000 Lakota und Cheyenne Kämpfer. Der Befehlshaber General George Armstrong Custer verlor bei dieser Schlacht die gesamte 7. Kavallerie, rund 260 Männer und sein eigenes Leben. Dies war die grösste Niederlage der US Kavallerie.

Sitting Bull führte die Indianer an, verlor im Gefecht zwar rund 500 Mann, ging aber als Sieger vom Feld.

Trotz dem Sieg am Little Bighorn verloren die Indianer den Kampf, ihr Nomadenleben aufrecht erhalten zu können, gegen die Weissen.

Ein weiterer Tag führt uns stundenlang durch das öde, karge Land von Wyoming. Das Wasser für das Vieh und das Getreide wird mit Pumpen tief aus dem Boden geholt und aus dem Wind wird Energie gewonnen.

Wir alle vermissen die Bäume, umso grösser ist die Freude, als in den Black Hills auf einen Schlag der Wald zurück ist. Hier in den Felsen der Black Hills wollen wir zwei grandiose Monumente besichtigen:

1923 hat Doane Robinson die Vision, ein massives Berg-Monument im Staat South Dakota zu erbauen. Er erzählt allen, die es hören wollen von seinem Traum, in die Felsen der Black Hills Statuen von bedeutenden Figuren zu hauen. Er dachte an Buffalo Bill, Lewis und Clark oder legendäre Sioux Krieger. Senator Peter Nordbeck ist begeistert von der Idee und motiviert Robinson einen Steinbildhauer zu engagieren. Mit Gutzon Borglum ist der richtige Mann gefunden. Für dieses Denkmal wählt er aber geschichtsrelevante Personen aus, die die Geburt, das Wachstum und die Entwicklung der Nation repräsentieren sollen. 1925 klettert Borglum zum Harney Peak, dem höchsten Punkt zwischen den Rocky Mountains und den Schweizer Alpen. Die Sicht inspiriert ihn und er findet Mount Rushmore: „Here ist the place!“ (Hier ist der Platz) schrie er begeistert und 1927 begannen die Arbeiten am Mount Rushmore. 1941 wird das Monument mit den vier bedeutenden Präsidenten-Portrait beendet.

George Washington: Der „Vater des Landes“ war der erste Präsident der Nation. Er führte Amerika durch den Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer.

Thomas Jefferson: Der dritte Präsident der Nation hatte die Vision eines Amerikas, das von Küste zu Küste reicht. Mit dem Kauf von Louisiana verdoppelte er die Grösse der jungen Nation und kam seinem Traum näher.

Theodore Roosevelt: Der 26. Präsident hat Christopher Columbus Traum realisiert und den Panama Canal errichtet. Er ist auch der Namensgeber für den heute so bekannten „Teddy“.

Abraham Lincoln: Der 16. Präsident war während dem Bürger Krieg im Amt. Eine Woche nach Ende der Schlachten zwischen den Nord- und Südstaatlern wurde er in einem Theater erschossen.

Dieses weltbekannte Denkmal ist eindrücklich. Wir empfinden es aber als Affront, dass es in den Felsen der Saha Papa (Sioux Name der Black Hills), welche für die Sioux heilig sind, geschaffen wurde.

1939 erfährt der Lakota Häuptling Standing Bear, dass der Künstler Korczak Ziolkowski gerade in New York einen Preis gewonnen hat. Er schreibt ihm: „Wir möchten, dass der Weisse Mann weiss, dass wir Rothäute auch grossartige Helden haben“ und er lädt ihn ein, „Crazy Horse“ in den Felsen der Black Hills zu erschaffen. Ziolkowski nimmt die Einladung an und reist in die Black Hills. 1948, 40 jährig und mit nur noch 174 Dollar in der Tasche, beginnt er unter mühsamen Bedingungen mit dem Projekt. Er ist der Meinung, dass Crazy Horse durch interessiertes Publikum entstehen soll und nicht durch Steuerzahler. Aus diesem Grund lehnt er zweimal die staatliche Unterstützung ab. Er weiss, dass dies ein Projekt ist, welches länger als ein Menschenleben dauert und hat deshalb die Pläne so detailliert angelegt, dass das Projekt von Nachfolgern weitergeführt werden kann. 1982 stirbt Ziolkowski und seither arbeiten seine Frau und sieben Kinder am grössten Berg-Monument der Welt. Irgendwann wird Crazy Horse erschaffen sein und mit seiner ausgestreckten linken Hand auf die Frage eines weissen Mannes – „Wo sind deine Länder jetzt?“ – seine Antwort geben: „My lands are where my dead lie buried“ (Mein Land ist da, wo meine Toten begraben sind). Wir sind tief beeindruckt.

Kaum verlassen wir die Black Hills kommt die Öde zurück und der Horizont scheint sich noch ein Stück weiter zurück versetzt zu haben. Diese Weiten sind weder in Bilder noch in Worten zu beschreiben, man muss sie einfach gesehen haben um es sich vorstellen zu können. Je näher wir Minnesota kommen, umso grüner und fruchtbarer wird das Land. Die Landschaft ähnelt unserem „Grossen Moos“, wobei der Ausdruck „Grosses Moos“ hier ein bisschen übertrieben erscheint. Hin und wieder treffen wir auf kleinere Seen und wir überqueren den Missouri. Langsam passt auch unser Kanu auf dem Dach wieder in die Gegend.

Zu Viert fahren wir rund 1’800 Kilometer durch Amerika. Dank den KOA Campingplätzen, welche nebst Parkplätzen für Camper auch Cabins vermieten, können wir nebeneinander übernachten und die Abende gemeinsam am Lagerfeuer verbringen. Mit Steak oder Yukon-Forellen füllen wir die hungrigen Bäuche und gegen den Durst hilft kühles Bier.

Die Lapsus des ersten Tages korrigieren wir und seither geht auch Marco mit Handtuch duschen, Mathias bringt seine Seife und das Handtuch wieder zurück und wir stellen unseren Wecker auf 6.15 a.m (Morgen) statt p.m. (Abend). So schaffen wir es, morgens pünktlich los zu fahren.

Wir danken Mathias und Marco für die gemeinsamen Stunden und heben unser Whisky-Glas auf eine gute Weiterreisen. Have a safe trip, guys!

 

 

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